Die Bleichheimer Fasnet - Eine lange Geschichte

 

Bleichheim, ein seit dem 10. Jahrhundert gewachsenes Dorf, war in früheren Zeiten reich an kulturell überlieferten Bräuchen, die den bäuerlichen Jahreslauf prägten. Davon sind heute leider nur noch die wenigsten vorhanden. Doch eine der wichtigsten Traditionen hat überlebt: Die Bleichheimer Fasent.

Bereits aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert finden sich Belege über jährliche Zahlungen für die Verpflegung und Unterhaltung der Dorfbewohner während der fasnächtlichen Tage. Es ist zu vermuten, dass die Zugehörigkeit zu Vorderösterreich Bleichheim alpenländischen Einfluss und damit die Tradition der Wilden Männer näherbrachte. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten die Kinder im Ort zu Beginn der Fasnachtstage einen Strohbären durch den Ort jagen.

Dass die Bleichheimer Untertanen im Laufe der Jahrhunderte manche mittelalterlichen Fasnachten im höfischen Umfeld der Kirnburg miterlebten, mag vielleicht bis heute manche fasnächtlichen Impulse im Dorf spüren lassen.

Aus der Zeit der Rennaissance (14. – 16. Jahrhundert) schmückte noch in den 1930er Jahren eine prächtige Sandsteinstele den Mitteltrakt der Ruine Kirnburg. Das Relief eines höfischen Gauklers – in Anlehnung an die Comedia del’ Arte – dürfte ein Hinweis auf die Ausübung von Fastnachtsspielen, wie sie damals allerorten in gebildeteren Kreisen des Mittelalters gefeiert wurden, sein.

Der „Kayserliche Geheime Rat und Statthalter in den vorderösterreichischen Landen“, Reichsfreiherr von Kageneck, der der Regierung und Kammer in Freiburg im Breisgau vorstand, richtete durch seinen Amtmann A. Buißon am 16. Dezember 1795 an die Gemeinde Bleichheim folgenden Erlass: „Nachdem gnädige Herrschaft mit größtem Verdruß zu vernehmen haben, daß in dem Dorf Bleichheim der von ihrer Kaiserl., Königl. Apostel. Majestät allerhöchst ergangene und publizierte Befehl in Abstellung der Neujahrsgeschenke, Unterlaßung jeglichen Fastnachttreibens und Mummenschanzerei durch männliche Personen, Ostereier und sogenannte Gottehemden noch immerhin im Schwung zum Verderben der Bürger fortandauere und keine Folge geleistet worden, als ergehet hiermit der ernst gemessene gnädiger Herrschaft Befehl dahin, daß sich niemand, wer er immer sei, hierfüran bei drei Gulden Strafe unterfangen solle, Neujahrwecken, Fastnachtsküchle und Ostereier auszuteilen, noch abzuholen, ansonsten der Austeiler und Abholer, eines wie das andere in die nämliche Strafe verfällt wären und augenblicklichen Zwangsmitteln zur Erledigung der Strafe anghalten werden. […]“


Tatsächlich feierten die Bleichheimer unverdrossen bis in die 1930er Jahre hinein Fasnacht in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Den Schlusspunkt setzte dann vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch nicht – wie zu vermuten – die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten, sondern ein schwerer Unfall während eines Fasentumzuges. Hier kippte ein beteiligtes Pferdefuhrwerk um und verletzte die Beteiligten schwer. Die zu dieser Zeit herrschende Inflation und Mahnung an den Unfall sorgte in den Folgejahren zu einem „Einschlafen“ der Fasnachtstraditionen im Ort.

Die Umstände des Zweiten Weltkriegs und die Nachkriegsjahre forderten von der Bevölkerung dann die volle Aufmerksamkeit. An Unterhaltung und Spaß war nicht zu denken, ganz davon abgesehen, dass die materiellen Mittel dazu auch nicht vorhanden waren.

Den ersten Tanz nach dem Krieg gab es – noch unter französischer Besatzung – im Gasthaus „Vetter am Bach“. Daraus resultierte ein loser Verbund von Freunden der Fasent, die sich in den Folgejahren zu geselligen Fasentsitzungen in eben diesem Gasthaus einfanden.

Schließlich kreierte Josef F. Göhri 1963 die Figur des Zynduss, scharrte Mitglieder um sich und sie hoben am 09. April 1965 im Gasthaus „Vetter am Bach“ die Narrenzunft aus ihrer Taufe.

Das Aufstellen des Narrenbaums am Schmutzige Dunnschdig war in Bleichheim nicht bekannt und ist erst ab 1965 Bestandteil der Fastnacht. Es setzt den weithin sichtbaren Beweis der Herrschaft der Narren im Dorf und basiert auf dem großen Waldbestand Bleichheims.

Seit 1967 schmückt den Narrenbaum ein so genannter Narrenschild, auf dem der Narrenspruch in Bleichheimer Niederalemannisch aufgedruckt ist:

 

„Wear jetz kai Narr an Fasnet isch,
dear isch un blitt ea arme Wisch,
dear soll sich unters Bett verschlupfea
und soll de Fleh de Birzel rupfea,
dear soll si altea Hirnschmalz putzea
un d’Ohrelappea süffea stutzea,
dass alles waiß, mr isch drgegea,
dass d’Narrea sich ea so verbleede.
Derfir dearf mr derno aü hetzea,
weann eim dia Zynduss- Kaibea
ins Weaspeneascht dian setzea.“

 

Am 12. Oktober 1975 wurden die Zyndusse Mitglied im Verband Oberrheinischer Narrenzünfte e. V. und das ohne die eigentlich vorgeschriebene Probezeit. Anlässlich des 15-jährigen Bestehens wurde 1980 ein erstes großes Narrentreffen abgehalten und aus diesem Anlass der Zyndussbrunnen neben der Kirnburghalle eingeweiht.